Neue Robotik-Plattform für beschleunigte Antibiotika-Entwicklung

16.06.2023

Leibniz-HKI und Analytik Jena entwickeln Anlage zur automatisierten Testung von Wirkstoff Kandidaten

Jena, 16. Juni 2023 – Am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie (Leibniz-HKI) ist am Donnerstag, 15. Juni 2023, im Beisein von Thüringens Staatssekretärin für Forschung, Innovation und Wirtschaftsförderung eine neue Robotik-Plattform eingeweiht worden. Die hochmodulare Anlage dient dem Institut zur beschleunigten Entdeckung neuer Antibiotika und ist in ihrer Kombination aus Größe, Automatisierungsgrad und Flexibilität deutschlandweit einzigartig im akademischen Bereich. Konzipiert und aufgebaut wurde die Robotik-Plattform in enger Zusammenarbeit mit der Analytik Jena GmbH+Co. KG.

Die Antibiotika-Krise ist eine der größten medizinischen Herausforderungen unserer Zeit. Zunehmende Resistenzen führen dazu, dass Menschen wieder durch bakterielle Infektionen sterben, die lange als gut behandelbar galten.
Gleichzeitig hat sich die Pharmaindustrie weitgehend aus der wenig profitablen Entwicklung neuer Antibiotika zurückgezogen. Ein Hauptgrund dafür ist die mangelnde Rentabilität: Antibiotika werden nur sparsam eingesetzt, zu günstigen Preisen verkauft und haben zudem eine kurze Behandlungsdauer.

Öffentlich geförderte Forschung versucht, diese Lücke zu schließen. „Als Land unterstützen wir gezielt anwendungsnahe Forschung, um die Ergebnisse bis zur Wertschöpfung in Thüringen zu führen“, so Katja Böhler, Staatssekretärin für Forschung, Innovation und Wirtschaftsförderung im Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft. Sie verwies insbesondere auf das Innovations-Dachprogramm „Thüringen MOTIVation“, das alle diesbezüglichen Förderinstrumente bündelt. „Zukunftsorientierte Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft macht Jena und Thüringen zu einem Hightech-Standort mit vielen hochqualifizierten Arbeitsplätzen. Die neue Robotik-Anlage zeigt beispielhaft, wie gut dieses Wechselspiel zwischen öffentlichen und privaten Akteuren bei uns im Land funktioniert.“

Zur Einweihung der Robotik-Plattform durchschnitt die Thüringer Staatssekretärin Katja Böhler (Mitte) gemeinsam mit der Administrativen Direktorin des Leibniz-HKI Elke Jäcksch (rechts) und der Leiterin der Anlage Luzia Gyr (links) das symbolische blaue Band. Quelle: Anna Schroll/Leibniz-HKI

„Die Antibiotika-Entwicklung mithilfe von öffentlichen Forschungsgeldern ist eine große Herausforderung, der sich unser Institut stellt“, sagt Pierre Stallforth, stellvertretender Direktor und Projektleiter der neuen Robotik-Plattform am Leibniz-HKI. Gelungen ist dies zuletzt mit dem Tuberkulose-Wirkstoff BTZ-043, der am Leibniz-HKI entdeckt und in Kooperation mit akademischen Partnern und der Industrie weiterentwickelt wurde.

Die neue Robotik-Plattform, die im HKI Biotech Center aufgebaut wurde, soll künftig Experimente schneller und genauer durchführen können, da repetitive Arbeitsschritte immer genau gleich ausgeführt werden. „Die Kombination von Automatisierung, Datenanalyse und innovativen Forschungsansätzen erhöht die Erfolgschancen bei der Identifizierung neuer Antibiotika“, erklärt Luzia Gyr, Leiterin der Anlage.

Die Technologie-Plattform wurde in einer engen Entwicklungszusammenarbeit mit Analytik Jena konzipiert. Wichtigste Anforderung der künftigen Nutzer war eine möglichst hohe Flexibilität der Anlage. „Industrieanlagen sind normalerweise durch einen festgelegten Prozessablauf gekennzeichnet. Hier haben wir eine Plattform, die für die Zukunft gerüstet ist und auf die hohe Variabilität der Forschungsthemen des Instituts und seiner Partner eingehen kann“, erklärt Matthias Fischer, Teamleiter der Automation bei Analytik Jena. Und Lars Böttcher, Vizepräsident für Technologie bei Analytik Jena ergänzt: „Das Projekt war technisch sehr anspruchsvoll, auf Grund der kurzen Wege und der sehr intensiven Abstimmung aller Beteiligten direkt vor Ort jedoch in verhältnismäßig kurzer Zeit realisierbar.“

Der Aufbau der modernen Anlage wurde nur möglich durch umfangreiche öffentliche Förderung. Sie wurde zu großen Teilen durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Zwanzig20-Konsortiums InfectControl und seiner Anschlussprojekte finanziert. Weitere Mittel stellte die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Exzellenzclusters Balance of the Microverse sowie das Land Thüringen mit Geldern des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) bereit. Das Gesamtvolumen der Investition beträgt drei Millionen Euro. Zusätzlich fördert der Freistaat Thüringen die gemeinsam mit der Friedrich-Schiller-Universität Jena beantragte Forschungsgruppe RoboThür mit einer Million Euro und ermöglicht so die Rekrutierung von hochqualifiziertem Personal für die Plattform.

Die neue Robotik-Plattform wird nicht nur den Forschungsgruppen des Leibniz-HKI zur Verfügung stehen, sondern auch der Universität Jena sowie anderen Forschungseinrichtungen und Industriepartnern, mit denen das Institut kooperiert. Nach der soeben erfolgten Inbetriebnahme der Anlage folgt nun zunächst eine Phase des Aufbaus der ersten Testreihen und der Validierung der Ergebnisse, die einige Monate in Anspruch nehmen wird.

Über die Analytik Jena GmbH+Co. KG
Die Analytik Jena GmbH+Co. KG ist ein führender Anbieter von Analysemesstechnik, Instrumenten im Bereich der Molekularbiologie sowie von Liquid Handling und Automatisierungstechnik. Präzise Ergebnisse und einfache Handhabung stehen bei der Entwicklung der Laboranalyseprodukte der Analytik Jena an erster Stelle. Dienstleistungen sowie gerätespezifische Verbrauchsmaterialien runden das umfangreiche Angebot ab. Analytik Jena gehört zur Endress+Hauser Gruppe, einem Familienunternehmen mit Sitz in der Schweiz.  

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Christin Domin
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Über das Leibniz-HKI
Das Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie wurde 1992 gegründet und gehört seit 2003 zur Leibniz-Gemeinschaft. Die Wissenschaftler*innen des Leibniz-HKI befassen sich mit der Infektionsbiologie human-pathogener Pilze. Sie untersuchen die molekularen Mechanismen der Krankheitsauslösung und die Wechselwirkung mit dem menschlichen Immunsystem. Neue Naturstoffe aus Mikroorganismen werden auf ihre biologische Aktivität untersucht und für mögliche Anwendungen als Wirkstoffe zielgerichtet entwickelt.

Das Leibniz-HKI verfügt über acht wissenschaftliche Abteilungen und drei Forschungsgruppen, deren Leiter*innen überwiegend berufene Professor*innen der Friedrich-Schiller-Universität Jena sind. Hinzu kommen mehrere Nachwuchsgruppen und Querschnittseinrichtungen mit einer integrativen Funktion für das Institut. Gemeinsam mit der FSU betreibt das Leibniz-HKI die Jena Microbial Resource Collection, eine umfassende Sammlung von Mikroorganismen und Naturstoffen. Zurzeit arbeiten etwa 450 Personen am Leibniz-HKI, davon 150 Promovierende.

Das Leibniz-HKI ist Kernpartner großer Verbundvorhaben wie dem Exzellenzcluster Balance of the Microverse, der Graduiertenschule Jena School for Microbial Communication, der Sonderforschungsbereiche FungiNet (Transregio), ChemBioSys und PolyTarget, des Zentrums für Innovationskompetenz Septomics und des Leibniz-Zentrums für Photonik in der Infektionsforschung. Das Leibniz-HKI ist zudem Nationales Referenzzentrum für invasive Pilzinfektionen.
 

Pressekontakt
Ronja Münch
Öffentlichkeitsarbeit
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Pressemitteilung Kooperation Analytik Jena & Leibniz-HKI

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Luzia Gyr (rechts) mit Staatssekretärin Katja Böhler (links), (c) Anna Schroll/Leibniz-HKI

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Einweihung der Robotik-Plattform, (c) Anna Schroll/Leibniz-HKI

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Neue Robotik-Plattform am Leibniz-HKI, (c) Anna Schroll/Leibniz-HKI

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