Abwasser als Informationsquelle

02.06.2021

Thüringer Ministerpräsident Ramelow informiert sich über Abwassertests zum Virennachweis

Jena, 31. Mai 2021 - Der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow hat sich am Montag bei der Analytik Jena GmbH über die Chancen einer abwasserbasierten Epidemiologie informiert. Weit über SARS-CoV-2 lassen sich aus Klärwerksabwasser Daten gewinnen, die indirekten Massentests gleichkommen und somit Rückschlüsse auf die Gesundheit der lokalen Bevölkerung zulassen. Vorgestellt wurden die Technologie und erste Gedanken für einen gemeinsamen Projektantrag der Bauhaus-Universität Weimar und der Analytik Jena GmbH, dessen Ziel es ist, die Möglichkeiten eines landesweiten Monitoringsystems zu erforschen. Die Initiative geht auf den Besuch des Thüringer Wirtschaftsministers Wolfgang Tiefensee gemeinsam mit LEG-Geschäftsführer Andreas Krey am 31. März 2021 bei Analytik Jena zurück.  

„In der Pandemie zeigt sich das hohe Potential des Abwassermonitorings für eine gesundheitsbezogene Anwendung“, erläutert Prof. Dr.-Ing. Silvio Beier, Professor für Technologien urbaner Stoffstromnutzungen an der Bauhaus-Universität Weimar. „Das Thema ‚Wasser und Gesundheit‘ hat einen zentralen Stellenwert für unsere Lebensqualität und die künftiger Generationen. Hier bedarf es innovativer Ansätze wie etwa der abwasserbasierten Epidemiologie. Es gilt, Möglichkeiten und Grenzen auszuloten, die sich aus der Datenerhebung im Abwasser ergeben und jetzt die Standards dafür zu etablieren. Die Kompetenzen dafür sind in Thüringen vorhanden, in Forschung und Industrie.“ 

Viruspartikel sind ab einer gewissen Konzentration im Abwasser nachweisbar. Zunächst steht der Nachweis von SARS-CoV-2 im Abwasser im Vordergrund, auch im Sinne eines Frühwarnsystems. Abwasserproben können als Massentests in der Fläche Hinweise auf Infektionsherde, Hotspots und Dunkelziffern geben. Solide Daten zum Infektionsgeschehen lassen in der Folge eine zielgerichtetere Gesundheitspolitik zu, wenn es beispielsweise über Lockdowns zu entscheiden gilt. „Das Verfahren lässt sich ausweiten, um der Verbreitung anderer Pathogene in der Bevölkerung auf die Spur zu kommen, darunter gastrointestinalen Keimen, Grippeviren oder antibiotikaresistenten Keimen; weitere biologische Parameter sind denkbar“, erklärt Analytik Jena-Projektleiter Dr. Robert Möller.  

Rückschlüsse auf das Individuum sind bei solchen Massentests nicht möglich, womit individuelle Persönlichkeitsrechte gewahrt bleiben; andererseits ist das System nicht auf Freiwilligkeit angewiesen, wie es beispielsweise bei Apps der Fall ist, mit denen zudem nicht die gesamte Bevölkerung erreicht wird. Außerdem wird mit dem Abwassermonitoring bisherigen Testvarianten ein Verfahren zur Seite gestellt, bei dem geringe Kosten einem hohen Nutzen gegenüberstehen, um das Infektionsgeschehen in seiner Gesamtheit zu beurteilen.  

Ministerpräsident Bodo Ramelow schätzt ein: „Der sinnvolle Einsatz von geeigneten Technologien im Alltag kann ein wesentlicher Baustein sein, um Pandemien zu bekämpfen und Leben mit der Gefahr von Viren zu gestalten. Diesem Thema widmet sich im Juli auch wieder die Messe pro.vention in Erfurt. Ich begrüße es sehr, dass es in Thüringen zahlreiche Initiativen auf diesem Gebiet gibt. Der gemeinsame Ansatz von Analytik Jena und der Bauhaus-Universität Weimar zur Erkennung einer Virenlast im Abwasser kann einen wichtigen Beitrag leisten, das Pandemiemanagement immer weiter zu verbessern.“ 

„Noch vor wenigen Jahren war es undenkbar, so schwierigen Proben, wie Abwasser es nun mal darstellt, detaillierte genetische Informationen abzugewinnen“, erläutert Dr. Christine Gräfe, Produktmanagerin bei Analytik Jena. „Aber die Life Sciences entwickeln sich rasant, und wir können geräteseitig alle Anforderungen bedienen.“ 

Entwickelt hat die Analytik Jena GmbH das Verfahren gemeinsam mit dem Schweizer Mutterunternehmen Endress+Hauser, und sie beherrscht die Prozesskette von der Probennahme über die Probenanreicherung und Nukleinsäureextraktion bis hin zum PCR-Nachweis. Sie beruht auf derselben Polymerase-Kettenreaktion (PCR), die auch in klinischen Tests zum Einsatz kommt: Man nutzt das Enzym Polymerase, um Sequenzabschnitte von DNA zu kopieren, die im Fall von Viren aus RNA generiert wurde. Die Prozesse laufen automatisiert ab, und zwar von der Probenentnahme an. Den Anfang macht ein Probennehmer, den Endress+Hauser beisteuert. Für die folgenden Schritte steht der CyBio FeliX von Analytik Jena bereit: „Das ist ein Pipettierroboter, mit dem wir Proben vollautomatisch vorbereiten können“, erklärt Manuela Beil-Peter, „kleine Volumina werden in hochdichten Formaten präzise transferiert und auf Mikroplatten angeordnet, und das in hohen Durchsatzmengen.“  

Um das Erbgut zu entschlüsseln, kommen Kits zum Einsatz, die alles enthalten, was biochemisch benötigt wird, um das Erbgut nachzuweisen: Das Enzym Polymerase, die sequenzspezifischen Primer, um eine typische Buchstabenfolge in der Probe ausfindig zu machen, und Pufferreagenzien.  

Die Polymerase Kettenreaktion folgt bestimmten Temperaturzyklen. „Die laufen im qTOWER³ von Analytik Jena automatisiert und präzise ab“, erläutert Melanie Kelm, Head of Product Management. Im Real Time PCR-Prozess werde der gesuchte kopierte Abschnitt fluoreszierend markiert. Je häufiger die fragliche Buchstabenfolge auftauche, desto stärker sei das Leuchten, desto eindeutiger lasse sich entziffern, wie hoch die Virenlast wirklich ist. 

Analytik Jena verzeichnet mit automatisierten Lösungen für die Erbgutanalyse, die den gesamten Workflow abbilden, seit Pandemiebeginn erhebliche Zuwachsraten. „Hier werden wir weiter investieren“, erklärt CEO Ulrich Krauss, „und als Unternehmen sind wir stolz darauf, mit unseren Lösungen dazu beizutragen, die aktuelle Pandemie in den Griff zu bekommen und künftigen derartigen Ereignissen ein wirkungsvolles Frühwarn- und Monitoringssystem entgegensetzen zu können.“ 

Kontakt 
Jana Dichelle 
Corporate Communications 
Telefon: 0176 17777010 
jana.dichelle@analytik-jena.com

Melanie Kelm 
Head of Product Management 
Telefon : 03641 77 9461 
melanie.kelm@analytik-jena.com

Bilder und weiteres Informationsmaterial zum Download

Überwachung biologischer Parameter in Abwässern (DE)

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